DAB weiterhin zu ignorieren, schadet der eigenen Marktstellung!

Mit mahnenden Worten hat sich der Präsident von WorldDAB, Patrick Hannon, insbesondere an die heute im Markt agierenden Radioanbieter gewandt. DAB weiterhin zu ignorieren, schadet der eigenen Marktstellung! Dafür wählte er das Podium des diesjährigen EBU Digital Radio Summit im Februar in Genf. Selbst hat er seinen Vortrag hier zusammengefasst; folgend meine Übertragung der Kernstücke dieses Textes ins Deutsche.

 

Wie bringen wir mehr private Radioveranstalter dazu, den Schritt zum DAB+ Radio zu nehmen?

Zunächst: Viele der kommerziellen Programmveranstalter sind den Schritt zum (terrestrischen) Digitalradio bereits gegangen, indem sie neue Programme in den Markt getragen haben, dabei neue Marken kreiert und Hörergruppen gezielt angesprochen – sämtlich Erfolge, die ihnen so im kapazitätsbeschränkten UKW-Spektrum nicht möglich gewesen wären.

Aber zur Wahrheit gehört auch, dass manche (Programmveranstalter) skeptisch bleiben, in der Annahme, das DAB-System biete eher begrenzte Aussichten, oder Befürchtungen hegen: sei es hinsichtlich vermeintlicher Bedrohungen seitens neuer Wettbewerber, sei es durch steigende Kosten infolge der Simulcast-Verbreitung.

DAB wird der zentrale Radioverbreitungsweg sein.

Tatsache ist: DAB radio is here to stay. Mittlerweile können bereits 56% der Europäerinnen und Europäer DAB oder DAB+ Übertragungen empfangen und die Zahl der Länder, die DAB+ Tests durchführen oder sie vorbereiten, wächst stetig – derzeit insbesondere in Mittel- und Osteuropa sowie in den baltischen Länder.

(…) Das Internet mag nützlich sein, hat als Radio-Verbreitungsweg aber seine Schwächen, die es auch nicht verlieren wird (…):

Für das Publikum ist Radio via IP nicht ohne zusätzliche Kosten zu haben.

Für die Programmveranstalter ist es vollends unökonomisch, IP-Netze aufzubauen und zu unterhalten, welche die zur Vollversorgung der jeweiligen Bevölkerung und Gebiete erforderliche Organisation aufweist, nicht zuletzt die jeweils notwendige Anzahl an Senderstandorten und -equipment.

Die Gesellschaft generell muss damit rechnen, dass IP-Netze, anders als Rundfunk-Netze, insbesondere dann nicht zur Verfügung stehen, wenn sie am dringendsten gebraucht würden, etwa in Notfällen.

Die wirkliche Bedrohung der eigenen Marktstellung im Wettbewerb resultiert für heutige private Programmveranstalter (nicht aus der Beteiligung, sondern) daraus, am terrestrischen Digitalradio nicht zu partizipieren. Befürchtungen hinsichtlich wachsenden Wettbewerbs durch eine größere Anzahl konkurrierender DAB-Programme erscheinen hingegen deplatziert.

Der Schlüssel zum Erfolg mit DAB ist, die Dinge proaktiv und innovativ anzugehen. (…) Tatsächlich resultiert die größte Bedrohung für die Programm-„Platzhirsche“ aus eigener ignoranter Haltung gegenüber den Möglichkeiten, die DAB bietet. Unternehmerisch beweglicheren Konkurrenten oder Neulingen wird so mittelbar die Tür zum Markt (erst) geöffnet.

Durch regulatorische Anreize oder Zusammenarbeit mit öffentlich-rechtlichen Radioanbietern können private Anbieter den Kostendruck aus DAB-Verbreitung abschwächen. 

Die Kosten der Simulcast-Verbreitung bereitet vielen privaten Radioanbietern Kopfzerbrechen. Hier sind die politisch Verantwortlichen, die regulierenden Stellen und öffentlich-rechtliche Programmveranstalter aufgerufen, einen konstruktiven Part zu leisten. Beispiele für unterstützende Maßnahmen finden sich in diversen Ländern, etwa  in UK, den Niederlanden oder Deutschland:

• Garantien auf die Verlängerung von Lizenzen

• Anpassung regulatorischer Auflagen, die Extrakosten verursachen oder Refinanzierungsmöglichkeiten beschränken

• gemeinsame Nutzung der Infrastruktur für die Programmverbreitung

• öffentliche Förderung

• Anpassung beteiligungsrechtlicher Vorschriften, dies auch, um dem kommerziellen Radiosektor bessere Chancen im Wettbewerb mit Musik-Onlinediensten zu erlauben.

Gibt es noch mehr, das wir tun können?

Eine der Schlüsselfragen, die privaten Radioanbietern unter/auf den Nägeln brennt, ist, wie bald die über DAB erzielte Hörerreichweite in klingende (Werbe-)Münze umgesetzt werden kann. Der Prozess dahin könnte in der Tat schneller verlaufen. Der anhaltende Verkauf von Radiogeräten, die ausschließlich UKW-Signale setzen können, ist in diesem Zusammenhang das zentrale Hemmnis.

(…)

Summary

DAB bietet bemerkenswerte Chancen für private Radioanbieter und viele profitieren bereits von den Vorteilen. Der zukunftsweise Grundton für die Branche sollte weiterhin sein, zwar publizistisch im Wettbewerb zu stehen, in der Entwicklung des DAB-Marktes aber Seit’ an Seit’ voranzuschreiten. Denen, die bisher zurückhaltend agiert haben, sei gesagt: (Spätestens) Jetzt ist es hohe Zeit, sich für den DAB-Markt zu engagieren – immerhin die Wettbewerber werden es gewiss tun!