„Es wird Zeit, dass wir vorankommen.“

WorldDAB ist der weltweit operierende Zusammenschluss von Unterstützern und Förderern des digitalen Rundfunkverbreitungsstandards DAB/DAB+. Wie keine andere Einrichtung, stiftet und gewährleistet das Forum
in vielfältig aktiver Weise die unerlässliche internationale Kooperation in diesem wichtigen Medienbereich. WorldDAB ist überdies für die Pflege des DAB-Standards verantwortlich und agiert im Interesse der terrestrischen Rundfunkverbreitung. Programmveranstalter, Empfangsgerätehersteller, Netzbetreiber, Automobilhersteller, Forschungseinrichtungen, Ministerien und Behörden gehören zu den WorldDAB-Mitgliedern. Derzeit sind es über 80 Mitstreiter aus 27 Ländern, verteilt über Europa, Ozeanien, Asien und Afrika. Aus Deutschland sind u.a. die ARD, vertreten durch den Bayerischen Rundfunk, die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, das Deutschlandradio, Audi, BMW, Daimler, das Fraunhofer IIS und die Robert Bosch Car Multimedia GmbH mit von der Partie.

Patrick Hannon ist der WorldDAB-Präsident. Dieser Tage hat er sich mit einem Zeitungsartikel zur Digitalradio-Entwicklung in Deutschland zu Wort gemeldet (differenzierter im Originaltext). Gleichermaßen sachlich, eindringlich und mahnend gibt er uns, in meiner Lesart, hauptsächlich dies zu verstehen:

Das Radio muss sich erneuern. Die Zeit dafür drängt. Das UKW-System bietet kaum Möglichkeiten zu Anpassungen. Die Beschränkung auf dieses Wenige bedeutete schließlich den Niedergang des Radios, wie es in Europa grenzüberschreitend seit Jahrzehnten geschätzt wird.

Terrestrisches Digitalradio per DAB+ bietet Spielraum für Radio-Innovation, aus gesellschaftlicher Sicht vor allem: effizientere Nutzung des Spektrums, einhergehend mit weitaus größerer Programm-Auswahl, bereichernden Zusatzdiensten und kostengünstigerer Verbreitung, umweltfreundlichere Verbreitungstechnik und die Grundlage für deutlich verbesserte, grenzüberschreitende Verkehrs- bzw. allgemein Mobilitätsinformation.

Terrestrisches Digitalradio ist praktisch auf dem Weg zum Radiostandard der Zukunft in Europa. Für niemanden gibt es eine Rechtfertigung, die Gesellschaften im Ungewissen zur Zukunft des terrestrischen Digitalradios zu halten. Schon gar nicht zur kurzsichtigen Verteidigung individueller Vorteile. Auch nicht in Deutschland. Vielmehr besteht hier für alle Beteiligten extrem starker Handlungsdruck, verbliebene Hemmnisse ohne Zaudern aus dem Weg zu räumen.

Die politisch Verantwortlichen in Deutschland sind aufgefordert, unverzüglich ihre Hausaufgaben zu machen, endlich und auf schnellstem Weg: Gemeinschaftlich anzuerkennen, dass auch die Zukunft des Radios mit der Terrestrik einhergehen wird, mit der digitalen Terrestrik. Eine klare, gemeinsinnige Strategie der zuständigen Entscheidungträger zu formulieren. Damit den sicheren gesellschaftlichen Rahmen zu bereiten, für Investoren und Konsumenten, für Programmveranstalter und das Publikum. Finanzielle Unterstützung zu organisieren, soweit dies für den Übergang förderlich ist. Anreize für den Umstieg zu schaffen. Aktiv daran mitzuwirken, dass sich DAB+ als Standard der digitalen Radioverbreitung in Europa festigt.

Die Programmveranstalter sind nicht minder am Zuge, den Umstieg unbeirrt umzusetzen. Es bedarf vermehrt systematischer programmlicher Innovation durch die Radiomacher selbst. Es bedarf unternehmerischen, das heißt gegebenenfalls auch riskanten Engagements. Risiko und Konkurrenz gehören zum kommerziellen Geschäft, auch zum kommerziellen Radiogeschäft. Es ist folglich indiskutabel, mit der Begründung zunehmenden Wettbewerbs auf der Innovationsbremse zu stehen. Vielmehr sind alle Programmanbieter im eigenen Interesse aufgerufen, die Attraktivität des Digitalradios deutlich herauszustellen und zur Unterstützung langfristig wirksame Marketinginstrumente auszubauen.

Die deutschen Automobilhersteller tun sich schwer – in Deutschland. Sie enthalten den Menschen hier im Lande aus freien Stücken vor, was sie den Bevölkerungen in Großbritannien, in der Schweiz oder in Norwegen selbstverständlich anbieten: die Ausstattung von Neufahrzeugen mit DAB+ Empfangsgeräten ohne Aufpreis. Dieses Hemmnis für den deutschen Markt muss vom Tisch. Insoweit bleiben zunächst die Autobauer selbst aufgerufen, ihre freien unternehmerischen Entscheidungen zu revidieren. Sofern es für die ausstehende Umkehr der Autofirmen besonderer Kooperationen bedarf, sind sie von allen Beteiligten proaktiv anzusteuern.

Allen Akteuren gemeinsam schreibt der WorldDAB-Präsident den Verweis auf Europa ins Stammbuch.

Deutschland läuft Gefahr, sich von der Digitalradio-Entwicklung in Europa abzukoppeln und in der Folge dem eigenen Gemeinwesen, allemal aber der Gattung Radio und der kontinentalen Radioindustrie beträchtlich zu schaden. „International collaboration is also important – partly because radio is fighting in a global world, where major competitors are brands such as Google, Apple, Facebook and Amazon. Perhaps more important, the companies which broadcasters need to work with are also international in focus. Car makers, receiver manufacturers and mobile phone companies all have a global footprint. European radio has an opportunity to work with these companies, but it must present a united front.“

Bei der Herausbildung einer solchen gemeinsamen Stimme der europäischen Radioindustrie spielt Deutschland nach wie vor eine nicht zu vernachlässigende Rolle, so oder so. Schaffte Deutschland binnen kurzem den Schritt an die Seite Norwegens, der Schweiz oder Großbritanniens, hinterließe dies für die europäischen Gesellschaften womöglich das entscheidende Stück mehr an Gewissheit zur Zukunft des Digitalradios auf dem Kontinent. Bliebe es in Deutschland allerdings bei der Fortsetzung der bisherigen Radiopolitik und den aus Uneinigkeit resultierenden Hemmnissen, könnte das für alle Beteiligten in Europa sehr bald zum spürbaren Problem werden.